Die Kindernothilfe ist Mitglied im Unternehmerverband
Hilfe zur Selbsthilfe ist das Prinzip der Kindernothilfe. Das umzusetzen ist allerdings häufig nicht einfach: Bürokratie und Vorschriften erschweren die Hilfsarbeit. „Oft brauchen wir akkreditierte Büros als Partner, vor allem in Afrika“, so Borchardt. Diese suchen dann das Personal für die Projekte und setzen beispielsweise Bildungsprogramm um. „Eigene Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter haben wir nicht vor Ort.“
Häufig müsse man auch notwendige Übel in Kauf nehmen, etwa beim Thema Kinderarbeit. „In Bolivien beispielsweise ist Kinderarbeit ab 12 Jahren erlaubt. Damit müssen wir umgehen und unsere Ziele anpassen. Wir arbeiten dann beispielsweise mit Nachdruck daran, dass die Kinder die Chance bekommen, Bildungsangebote wahrzunehmen. Das ist bisweilen frustrierend, aber nichts zu tun, ist keine Option.“ Aktuell beschäftigt die Dürre in Äthiopien die Kindernothilfe ganz besonders.
Die Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann beschreibt das Hilfsprinzip dort so: „Das Land leidet unter der größten Dürre seit Jahrzehnten. Zuerst starb das Vieh, jetzt sind Millionen von Menschen akut vom Hunger bedroht.
Seit Monaten leisten wir mit unseren Kindernothilfepartnern humanitäre Hilfe und unterstützen Familien mit Lebensmitteln, Spezialnahrung für Kinder, mit konzentriertem Futter und Medizin für Tiere. Das hilft zum Überleben. Was aber Hoffnung schenkt, ist die bewusste Stärkung von Müttern. Sie erhalten je zwei weibliche Kälber mit der Verpflichtung, das Erstgeborene an eine andere Frau zu verschenken.
In einer Selbsthilfegruppe werden sie in Viehhaltung und weiterem Basiswissen geschult. Sie erarbeiten Nahrung für ihre Kinder und sich selbst. Es verleiht diesen Frauen eine nie gekannte Würde, wenn sie mit dem neugeborenen Kalb etwas wirklich Wertvolles verschenken können. ‚Ich war arm‘, sagte eine. ‚Ich war ein Niemand. Jetzt werde ich wahrgenommen.‘ Mit so gewonnenem Selbstbewusstsein wächst ihre Hoffnung, den anstehenden Herausforderungen ihres Lebens gewachsen zu sein.“
Um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden, muss auch die Kindernothilfe ihre Arbeit und Prozesse immer wieder auf den Prüfstand stellen und neue Ideen entwickeln.
„Corona war für uns ein Schub“, sagt Jürgen Borchardt. „Durch Videokonferenzen ist unsere Arbeit deutlich effizienter geworden.“ Früher hätten alle Absprachen und Planungen während der zwei- bis dreiwöchigen Auslandsreisen mit den lokalen Partnern abgewickelt werden müssen.
Heute stehe man ständig in Kontakt und deutlich mehr Teammitglieder könnten involviert werden. „Das stärkt die Teilhabe und Identifikation. Zuletzt haben wir unsere komplette strategische Planung, die wir alle fünf Jahre vornehmen, digital abgewickelt. Wir konnten die Perspektiven der Teams vor Ort einholen und so eine gemeinsame Leitbildentwicklung umsetzen sowie die strategischen Ziele ableiten – das läuft heute alles viel agiler!“
Mehr als 70.000 regelmäßige SpenderInnen
Oder das Thema nachhaltige Geldanlage: Zusammen mit der Bank für Kirche und Diakonie und anderen Partnern ist der Investmentfonds KinderZukunftsFonds entstanden. Eine Investition erfolgt ausschließlich in Unternehmen, die ihre Rolle für die Achtung der Kinderrechte anerkennen. Ein Schwerpunkt liegt auf Unternehmen, die ihren Gestaltungsfreiraum im Positiven nutzen und Bedingungen schaffen, die die Zukunft von Kindern verbessern.
All das zeigt: Auch nach über 60 Jahren gehen der Kindernothilfe die Ideen nicht aus. Die knapp 190 Mitarbeitenden seien mit einer enormen Motivation dabei, sagt Vorstand Borchardt. „Unser Ziel ist, dass das so bleibt. Und dass zu unseren über 70.000 regelmäßigen Spenderinnen und Spendern noch viele dazukommen.“