Praxiseinblick: Wir schildern unsere Herausforderungen

Die Statements der DV.DAH-Mitglieder

Michael Reichelt, Geschäftsführer Lebenshilfe Duisburg:
„Fachkräfte fehlen allerorten, auch in der Eingliederungshilfe, also wo Menschen mit Behinderung betreut, beschäftigt oder begleitet werden. In Duisburg haben wir uns mit 29 Trägern der Behindertenhilfe gemeinsam an die Politik gewandt. Unser Ziel: Es müssen mehr Menschen zu Fachkräften ausgebildet werden, gleichzeitig aber auch Quereinsteiger qualifiziert und Arbeitskräfte aus dem Ausland integriert werden. Ein Beispiel: Wer beim Einkaufen Assistenz benötigt, muss nicht von einem ausgebildeten Sozialpädagogen begleitet werden. Wir brauchen neue Ideen, wie der große Bedarf an Teilhabe möglich wird. Dazu gehört auch, soziale Berufe attraktiver zu machen.“

Statement von Martin Behmenburg

Martin Behmenburg, Geschäftsführender Gesellschafter Pflege Behmenburg GmbH, Mülheim an der Ruhr:
„Obwohl die Nachfrage nach ambulanter Pflege massiv steigt, geraten private Pflegeanbieter in finanzielle, manchmal gar existenzielle Nöte. Auslöser dafür ist auch das Tariftreuegesetz: Die Politik verabschiedet höhere Löhne, die Kostenträger zahlen das aber nicht oder erst sehr verzögert und wir müssen das ausbaden. Ich würde mir wünschen, dass die Zusammenarbeit zwischen Politik, Gesetzgebern, Kostenträgern und uns privaten Anbietern weniger auf Misstrauen als vielmehr darauf beruht, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.“

Statement von Maximilian Tischmeier

Maximilian Tischmeier, Geschäftsführer ruhrmed GmbH, Duisburg:
„Pflege ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag; Zeitarbeit wirkt dem sich zuspitzenden Engpass beim Personal entgegen. Trotzdem droht ein Verbot von Zeitarbeit in der Pflege – dieses wäre gleichbedeutend mit einem ‚Pflexit‘ und dem Ergebnis einer Pflege-Triage! Wir brauchen eine sinnvolle bundeseinheitliche Regulierung, gefragt sind Tarifgeber, Unternehmerverbände, Politik und Unternehmen gleichermaßen. Wir stehen bereit und geben gerne fachlichen Rat.“

Statement von Nina Rasche

Nina Rasche,  Vorstand DRK Kreisverband Mülheim
"In Kitas werden die Kinder keineswegs nur betreut, sondern auch erzogen und gebildet. Hier wächst unsere Zukunft heran! Als Bildungseinrichtung müssen wir selbstverständlich unsere Fachkräfte vernünftig ausbilden und ebenso unsere Belegschaft vernünftig weiterbilden. Diese Kosten sind aber leider nicht planbar, auskömmlich und transparent refinanziert. Dies muss die Politik im neuen Kinderbildungsgesetz, kurz: KiBiz, unbedingt ändern.“

Statement von Rüdiger Paus-Burkard

Rüdiger Paus-Burkard, Geschäftsführer Akademie Klaushof gGmbH, Dingden:
„Wir müssen unternehmerische Entscheidungen treffen, wie etwa, ob wir Personal einstellen, aus- und weiterbilden, oder ob wir Immobilien mieten, kaufen, umbauen… Hierfür fehlt uns leider komplett die Planungssicherheit – wir hecheln den Änderungen eigentlich immer nur hinterher. Darüber hinaus müssen die Standards ans Personal gesenkt werden, bevor Menschen nicht betreut werden oder unsere Teams übermäßig viele Überstunden schieben. Natürlich wären mir ausschließlich ausgebildete Fachkräfte am liebsten, aber die Realität auf dem Arbeitsmarkt erfordert ein Umdenken.“

Statement von Tim Marx

Tim Marx, Geschäftsführer sci:moers gGmbH, Moers:
„Achtung: Insolvenzgefahr! Wir übernehmen Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge und müssen nicht nur überproportional steigende Personal- und Energiekosten abfangen, sondern auch faktisch entstehende Kosten z. B. in der Verwaltung, da diese nicht refinanziert werden. Die Politik ist am Zug! Denn gleichzeitig nimmt der organisatorische und finanzielle Aufwand zu, weil wir teilweise fragwürdige Vorschriften und Dokumentationspflichten erfüllen müssen.“

Auf Augenhöhe: Wir sprechen mit der Politik und hören zu

Das Statement der sozialpolitischen Sprecherin der FDP im NRW-Landtag

Susanne Schneider (FDP): "Die Pflege in Nordrhein-Westfalen benötigt dringend ein politisches Update. Wir brauchen vor allem mehr Ausbildungskapazitäten, attraktivere Bedingungen für Pflegekräfte und eine Innovationsoffensive. Ausbildungswege müssen flexibler werden. Die Einführung der Pflegeassistenz-Ausbildung war bereits ein wichtiger Schritt. Diese Möglichkeit muss nun auch besser beworben werden. In der Pflege-Ausbildung werden außerdem mehr Teilzeitmodelle, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, und weniger Bürokratie benötigt. Die Anerkennung ausländischer Pflegeabschlüsse muss beschleunigt werden"."